· 

57. Die Glut im Herzen

Ein Zwerg mit sehr kurzem Haar und ohne Bart. Seine Haut ist rußschwarz. Die beiden Augen glühen rötlich, wie der Edelstein in seiner schlichten Krone. Erstellt mit ChatGPT.
Garon, König der Feuerzwerge. (KI-generiert)

Niedergeschlagen setzten wir uns vor das steinerne Tor, das uns keinen Einlass gewähren wollte. Bei näherer Betrachtung der Oberfläche des Verschlusssteins fiel mir auf, dass darin Bilder eingraviert waren, die man von Weitem nicht erkennen konnte. Mit ausgestreckten Händen ging ich noch näher heran, bis ich die Steinplatte berührte. Ganz schwach glomm ein feuerroter Schein auf, der schnell verblasste. Sollten wir alle zusammen unsere Hände darauf legen? Ich wollte es probieren und drehte mich zu den anderen um. „Ich konnte schwach etwas auf der Tür erkennen, als ich meine Hände darauf gelegt hatte. Kommt her und macht mit, vielleicht klappt es.“, spornte ich sie an, mir behilflich zu sein. Nebeneinander stellten wir uns auf und hielten die Handfläche dem Stein entgegen, die wir gleichzeitig darauf drückten. Der feuergleiche Schein flammte weitaus stärker auf und zeigte an der Oberfläche das Bild eines Zwerges, in dessen Brust ein Feuer loderte.

 

Womöglich war das ein Hinweis darauf, wie der Zugang zu öffnen war. „Mir scheint, die Feuerlenker wollen einen Beweis unserer Loyalität sehen, bevor wir eintreten dürfen.“, überlegte Rognil laut. „Ach, die wollen nur, dass man vor Wut schäumt und im Zorn verbrennt!“ Bei diesen Worten rollten Khûna Tränen aus ihren Augen, die im Schein des Magmas wie Tropfen flüssigen Feuers aussahen. „Diese Feiglinge verstecken sich hinter Stein und Magie, damit ihnen niemand ihren Frevel vorwerfen kann.“ Die rechte Hand zur Faust geballt schlug er dabei in seine linke und Foret schritt erneut der Tür entgegen. Die Schmiedin trat neben ihn, beide schauten sich ernst an und schlugen ihre Fäuste erst gegeneinander, dann gegen die versiegelte Tür, die dabei gespenstisch aufloderte. Bei jedem der rhythmischen Schläge des ungleichen Paares flammte das Herz des abgebildeten Zwerges heller auf. „Lasst uns rein, ihr Verräter!“, rief Foret und drosch noch kräftiger auf die Tür ein. Khûna gab Kampfgebrüll von sich und ihre Schläge wurden schneller. Die Barriere des Tores brannte lichterloh, entfacht von der Wut meiner Gefährten, die ich noch nie so erlebt hatte. „Ihr habt verloren, Feuerlenker.“, schnaufte der ältere Zwerg, als die Feuerwand sich selbst verzehrte und Stufen freigab, die in die Tiefe führten. Khûna riss ihre Arme nach oben und rief „Wir zeigen euch, was es bedeutet, ein Zwerg zu sein.“ in das Dunkel hinab. Die Knöchel ihrer Finger bluteten, Haut und Fleisch ihrer Hände waren schwer verletzt, doch sie schienen keinen Schmerz zu spüren und das Glühen in ihren Augen verlosch nur langsam. Ihr Anblick verwirrte und ängstigte mich.

 

Bevor wir uns hinab wagten, versorgte Spinella die Wunden von Khûna und Foret, so gut sie es vermochte.

Nur schwacher Feuerschein begleitete uns in die Dunkelheit hinab, an die sich unsere Augen gewöhnen mussten. Die breite Treppe ließ es zu, dass wir zu dritt nebeneinander gehen konnten, die flachen Stufen machten den Abstieg angenehm, während ein warmer, trockener Luftstrom nach oben wehte. Die Treppe mündete in einen Saal, dessen Wände von glühenden Ornamenten geschmückt waren. Unverkennbar zeigte sich darin die Symbolik des Feuers. Doch erstickende Stille schlug uns beim Betreten des Raumes entgegen, die mir jeden Willen nahm, auch nur ein Wort zu sagen. Ich blieb stehen, sah mich nur um, sortierte meine Gedanken. Gimal und Pelok drangen weiter vor, erkundeten die Halle. Rognil brachte seinen Stab zum Leuchten und sorgte für angenehmeres Licht. Die düstere Umgebung bedrückte mich mehr, als ich es zuvor wahrgenommen hatte, doch das bläuliche Licht nahm mir ein wenig von der emotionalen Last.

 

Mittig im Raum konnte ich die Silhouette einer schmalen Pyramide ausmachen, deren Erscheinung mir bekannt vorkam. Der junge Versorger und der Steinformer kehrten in jenem Augenblick von ihrem Erkundungsgang zurück. „Im Zentrum der Halle befindet sich die Landmarke.“, erklang gedämpft Peloks Stimme. Gimal nickte und sagte: „Am anderen Ende schließt ein weiterer Gang an, der uns noch tiefer bringen wird.“ Ich versuchte durchzuatmen, doch mein Hals war wie ausgetrocknet und ich musste husten. Nach einem Schluck aus meiner Wasserflasche fiel es mir wieder leichter Luft zu bekommen. Mit einem Fingerzeig machte ich meinen Gefährten klar, dass wir uns zur Markierungssäule begeben sollten.

Dort versammelten wir uns um den quadratischen Sockel, dessen Inschriften bei der ersten Berührung durch Imus im gleichen Feuerrot zu leuchten begann wie die Ornamente in der Wand. Leise lasen wir einander die Runen vor:

 

"Das Feuer im Herzen bahnt den Weg durch den Fels.“

„Schmiede das Eisen unablässig in der Hitze der Tiefe.“

„Ehe die geschmiedete Klinge geschärft ist, vergeht jeder Groll.“

„Führe Waffe und Wort stets mit Bedacht.“

 

Ich bat Khûna und Foret, sich an der Seite mit der ersten Zeile aufzustellen, weil sie bereits für die Gruppe dem Weg frei gemacht hatten. Spinella und Olthek bat ich, am zweiten Teil der Inschrift in Position zu gehen. Die dritte Stelle sollten Pelok und Gimal besetzen, während Rognil und ich am letzten Ausspruch die Hände auf die Runen legten. Die anderen folgten unserem Beispiel, was bewirkte, dass der Boden unter unseren Füßen erzitterte und die sich verjüngende Säule auf dem Sockel in vierfarbigem Licht förmlich explodierte. Feuerrot, hellblau, grün und weiß schossen still Fontänen durch den Raum und malten bunte Bilder an die glatten Wände, welche von Zorn, Nachsicht, Geduld und Einigkeit erzählten.

 

Die Feuerlenker waren von jeher ungestüm, doch die anderen Gilden übten Nachsicht mit ihnen und leiteten das innere Feuer in ruhige Bahnen. Durch die Geduld der anderen Zwerge wurde Einigkeit geschaffen und der Gemeinschaftssinn innerhalb des Volkes bewahrt, aus der alle Zwerge Nutzen ziehen und in Frieden leben konnten.

Bald verklang der Farbenregen und die Bilder lösten sich auf. Die Stele hatte ihren Zweck erfüllt.

„Ich verstehe nun, weshalb die Feuerlenker sich bevormundet fühlten. Das rechtfertigt dennoch nicht, andere Zwerge so zu behandeln. Einerlei ob tot oder lebendig.“, kommentierte Rognil das Gesehene mit gut überlegten Worten.

 

Rhythmisches Stampfen und Klappern schallte aus der Tiefe empor. Auf meine Weisung hin löschte Rognil das Licht an seinem Stab. Foret und Khûna trug ich auf, den Feuerlenkern entgegenzutreten, sobald sie vor uns erscheinen. Die anderen Gefährten sollten sich zurückhalten. Ich glaubte, dass gerade die beiden Zwerge, die es vermocht hatten, die Barriere zu überwinden, am besten mit den Einwohnern der Feuerhöhlen zurechtkommen würden. Ihr inneres Feuer könnte eine Verbindung und zumindest Akzeptanz schaffen. Sobald wir eine Grundlage für Gespräche fänden, konnte meiner Auffassung nach eine Annäherung zwischen den Clans stattfinden. Wir nahmen alle Risiken in Kauf und stellten uns allem, was kommen würde.

 

Bald hatten uns sieben bewaffnete und gerüstete Zwerge erreicht. Der Anführer zog seinen Helm aus dunklem Metall vom Kopf, den er auf dem Boden abstellte. Seine Augen glühten wie heiße Kohlen und standen in starkem Kontrast zu seiner fahlgrauen Hautfarbe und dem kurzen, aschefarbenen Haar.

„Wer von euch trägt das nötige Feuer im Herzen, die Barriere zu durchdringen?“, fragte er ohne Umschweife mit tiefer Stimme. Angriffsbereit hielt er einen schweren Streithammer in seiner Linken. Foret und Khûna machten gleichzeitig einen Schritt nach vorn. „Wir haben das Tor geöffnet. Viel zu lange hattet ihr euch in den Tiefen verkrochen.“, hörte ich Foret mit gezügeltem Zorn sagen, der sich im Anschluss vorstellte: „Ich bin Foret, Metbrauer aus Takal Dûm.“ Der Krieger schaute beide abschätzig an. „Mein Name ist Mabakhkhûna, Schmiedin aus Danakh’abad. Euer Clan hat die Toten geschändet.“, spuckte die Zwergin förmlich aus und trat dabei dem Krieger der Feuerlenker noch einen Schritt näher.

 

Khûnas Mut und ihre leichte Aggressivität schienen dem Feuerlenker zu gefallen, denn er lachte kurz auf. „Ihr wollt uns also für alte Sünden zur Rechenschaft ziehen? Willkommen in den Agâr’ursul, wo die Feuerzwerge zum Kampf bereitstehen. Euer Mut ehrt Euch, Mabakhkhûna. Wir werden euch in die Stadt bringen. Der König wird über euch entscheiden. Ich bin der Kommandant der Stadtwachen, Rybor.“, stellte er klar. Seine Autorität ließ keine Widerrede zu. Den Streithammer hängte er an den Gürtel seiner Rüstung, dann hob er den Helm wieder auf und stülpte ihn sich über den Kopf. Seinen Soldaten gab er per Handzeichen Befehle, die sofort eine neue Formation einnahmen und eine Gasse für uns bildeten. Rybor führte uns zum hinteren Ausgang des Saales, während seine Untergebenen unsere Gruppe flankierten. Khûna nahm er beim Betreten der Treppe an seine Seite, der man ihren Unwillen ansah. Voller Argwohn leuchteten die Augen der Bewacher, als sie Rognil und Spinella ansahen. Die sehr helle Hautfarbe würde weiterhin ihr sichtbarstes Merkmal bleiben. Auch die ungewöhnliche Gestalt Gimals erhielt stille Beachtung. Die Blicke der Soldaten sprachen Bände.

 

Zügig ging es die lange Treppe hinab. Am Ende der Stufen wurde es hell, Hitze brandete einmal mehr heran. Das verflüssigte Gestein eines Magmasees brodelte gefährlich, als wir in die riesige Höhle traten. Auf schroffen Inseln konnte ich Gebäude entdecken. Gänge bohrten sich in die Höhlenwände. In feuriges Rot getaucht, wirkte die nahe Stadt gespenstisch und unheilvoll auf mich.

Rybor drängte weiter: „König Garon will wissen, wer zu Besuch gekommen ist. Lassen wir ihn nicht länger warten als nötig.“ Foret wagte einen Blick hinter sich und sah mich dabei fragend an. Der Kommandant erhöhte das Tempo merklich, als wir den gepflasterten Weg entlanggingen, der geradewegs auf eine Brücke zusteuerte, an deren anderem Ende ein imposanter Bau in die Höhe ragte.

 

Das Gebäude ähnelte einer mittelalterlichen Burg der Menschen, die einsam auf einer der Felseninseln stand, welche aus dem Feuersee ragten. Jeglicher Lichtschein wurde von der beinahe schwarzen Mauer des Bollwerks geschluckt. Wuchtige Türme bildeten die äußeren Ecken der Wehranlage, die einen großen gepflasterten Hof umschloss, auf dem mehrere Gruppen von Kriegern Kampfübungen vollzogen. Gegenüber des großen Eingangstores wanden sich zwei Treppen aufwärts, die in ihrem Schnittpunkt eine Balustrade formten, hinter der ein weiteres kleineres Tor ins Innere des Gebäudes führte. Davor stand ein herrschaftlich gekleideter Zwerg, der von sechs anderen umringt wurde. „Der König und seine Berater.“, kommentierte Rybor kurz und beschleunigte seine Schritte. Wir erklommen die rechte der beiden Treppen, was mir in der Hitze schwergefallen war. Oben angekommen benötigte ich einige Atemzüge, um die Anstrengung abzuschütteln. Khûna und Foret ließen sich nichts anmerken. Selbstbewusst legte mein Freund seine Hände auf seinen Gürtel und die Schmiedin verschränkte die Arme vor der Brust, beide fügten sich ihrer Rolle und ließen keinen Zweifel an ihrer Führung.

 

Rybor und seine Soldaten gingen vor dem Herrscher auf die Knie und neigten den Kopf. „Herr, diese Gruppe hatte die Barriere durchbrochen. Wir griffen sie im ‚Saal der Erinnerung‘ auf. Diese beiden stellten sich mir vor.“ Beim letzten Satz deutete der Kommandant auf Foret und Khûna. Die glühenden Augen Garons musterten die gesamte Gruppe, sein Blick verharrte auf der Schmiedin. „Nennt eure Namen, Fremde!“, forderte er uns auf. Sein Befehl duldete keinen Widerspruch. Nacheinander nannte jeder von uns seinen Namen, Berufung und seine Herkunft.

„Mabakhkhûna, Tochter des Thorg, Schmiedin aus Danakh’abad.“ „Foret, Sohn des Tumnil, Metbrauer aus Takal Dûm.“ „Rognil, Sohn des Belgir, Chronist aus den Kallâ Atâr.“ „Pelok, Sohn des Garik, Versorger aus Ubâr Dûm.“ „Gimal, Sohn des Leggurd, Steinschleifer aus Gabil’urdûm.“ „Imus, Sohn des Orin, Händler aus Sajranzizar.“ „Spigna, Tochter des Ulnog, Schreiberin aus den Kallâ Atâr.“ „Olthek, Sohn des Dolmín, Wache von Mebel’aban.“ „Daril, Sohn Redins, Bewahrer des Vermächtnisses aus Takal Dûm.“, schloss ich den Reigen ab.

 

Garon zeigte sich nicht beeindruckt, sondern nickte nur. Nachdenklich sprach er seine Gedanken aus: „Ein bunter Haufen aus allen Ecken der Zwergenwelt also. Mir scheint, ihr wolltet uns unbedingt finden.“ Sein stechender Blick traf mich mit einer Wucht, der ich nur schwer standhalten konnte. Die mit Bedacht gesprochenen Worte des Königs verfehlten ihre Wirkung nicht. Dieser Mann hielt sein inneres Feuer in Zaum. Ein kleiner Funke vermochte seinen Zorn zu entfachen und jedes zuvor gesprochene Wort würde zu nutzloser Asche verbrennen.

 

An den Kommandanten gerichtet sagte er: „Bringt sie zu den Unterkünften. Zum Abendessen will ich mit ihnen reden.“ Dann drehte er sich um und sah in den Hof hinunter. Rybors Soldaten nahmen erneut ihre Positionen ein und eskortierten uns die Treppe wieder hinab. Die Siebenschaften übten sich unablässig in ihren Kampfesfertigkeiten, der metallische Klang der Waffen hallte schwer von den Mauern wider.

 

Bogengänge begrenzten beide Innenseiten des quadratischen Platzes, wo sieben Korridore in die Wehranlage hinein führten, von denen wiederum beiderseits sieben Türen abzweigten. Am Ende des Ganges befand sich ein kleines rechteckiges Fenster in der Mauer, durch das der allgegenwärtige Schein des glühenden Magmas für diffuses Licht sorgte. „Ihr bekommt ein Zimmer in den Mannschaftsunterkünften. Für ein weiteres Bett wird gesorgt werden.“ Bei diesen Worten Rybors schlug einer der Soldaten eine der Türen auf. In dem Raum waren sechs Schlafplätze direkt in die Wände eingelassen und ein Bett aus Metall stand neben der Tür. Ein Steinquader in der Mitte diente als Tisch. An einer Rinne in Hüfthöhe an der linken Wand konnte man sich waschen und ein abgeteilter Bereich in der rechten Ecke verbarg den Abort. Zwei Soldaten trugen ein Gestell aus Metall hinter uns herein, das sie auf das einzelne Bett steckten, wodurch ein Etagenbett entstand. „An der Tür wird eine Wache Position beziehen. Sobald der König euch zu sehen wünscht, holen wir euch ab.“, gab Rybor noch bekannt, ehe er sich umdrehte und ging. Die rot glühenden Augen der Feuerzwerge ruhten noch einen Augenblick lang auf uns, dann verließen sie das Zimmer und wir waren allein.

 

Geräuschvoll atmete ich aus, dabei wich ein Teil der Anspannung von mir. „Wir wurden nicht getötet, das sehe ich als eine gute Gesprächsgrundlage an.“, meinte Rognil, was die Stimmung aber kaum auflockerte. Wir setzten uns an den simplen Tisch, zu dem zwei Bänke und zwei Stühle aus leichtem Metall, ähnlich dem Etagenbett, gehörten. Die Ellenbogen auf den Stein gestützt, den Kopf in die Handflächen gelegt, sprach Spinella leise, aber durchdringend. „Sie haben einen König. So viel Macht in den Händen einer einzigen Person ist gefährlich. Wir sollten uns vor ihm in Acht nehmen.“, schlug sie vor. Mit Denkfalten auf der Stirn beteiligte sich Olthek am Gespräch: „Um sie besser zu verstehen, müssen wir die Feuerlenker näher kennenlernen. Ihre Traditionen unterscheiden sich von unseren, was zu Konflikten führen kann. Wir können nur hoffen, dass sie es uns nicht zu schwer machen.“ Alle nickten. Mir war unbehaglich in dem trockenen, heißen Klima zumute und trank einen Schluck, ehe ich meine Gedanken offenlegte. „Der König ist klug und greift hart durch, aber er scheint nicht ungerecht zu sein. Bei seinen Beratern bin ich mir da noch unschlüssig. Die heilige Sieben zieht sich durch alles, was wir bisher sehen konnten. Wenn wir dort anknüpfen und behutsam die Gespräche in Gang bringen, sollten wir erfolgreich sein. Wir sind hier die Eindringlinge, die durch ihre Barriere gebrochen sind. Vergesst das nicht.“

 

Stille legte sich nieder. Zustimmung zeigte sich im Schweigen meiner Gefährten. Müde Gesichter starrten gedankenverloren auf den grauen Stein. Kein Husten, kein Räuspern. Nur das Warten auf das nächste Treffen mit Garon, dem König der Khazâd’ursul. Die innere Anspannung war fast greifbar.

Beim Erklingen schwerer Schritte auf dem Flur erhoben wir uns. Die Tür wurde ohne anzuklopfen aufgeschlagen. Rybor musste nichts sagen, denn wir nahmen sofort die bekannte Formation mit den Wachsoldaten ein und ließen uns zu Garon eskortieren. Oben auf der Balustrade, die einen imposanten Blick auf den Kasernenhof und die Umgebung ermöglichte, gingen wir diesmal durch das niedrige Tor und gelangten somit in die Gemächer des Regenten.

 

Die gemauerten Gänge aus dunklem Stein waren hier breiter, aber ebenso schmucklos wie jene unten in der Kaserne. Der Zugang zum Regierungssaal stand offen, eine Tür schien es nicht zu geben. Wir wurden ohne Halt hineingeführt, direkt an eine lange aus Stein gehauene Tafel, die von einem Wall in Sitzhöhe eingefasst war. Garon saß noch abseits des Tisches auf einen einfachen Thron, neben dem zu beiden Seiten das Licht des allgegenwärtigen Feuers durch die Fenster glomm. Bei ihm stand eine Person mit rot-schwarzem langem Haar, der seine Aufmerksamkeit galt. Rybor machte eine Geste, mit der er uns bat, an dem langen Tisch Platz zu nehmen. Die angespannte Atmosphäre löste sich nicht und drückte auf die Stimmung. Leise und bedächtig setzten wir uns nebeneinander an die Tafel und warteten schweigend.

 

Garon erhob sich, kam mit maßvollen Schritten zu uns herüber und setzte sich in der Mitte der Tafel auf einen Platz, der seinem schlichten Thron sehr ähnlich war. Die Person war ihm gefolgt und setze sich neben ihn. Eine Zwergin, deren Erscheinung mich verblüffte, denn sie hätte die Zwillingsschwester von Ulgra sein können, so ähnlich sah sie der Kommandantin aus Ubâr Dûm. Ihr Äußeres unterschied sich nur farblich voneinander, die Gesichtszüge glichen sich bis ins kleinste Detail. Sie hatte wohl meine prüfenden Blicke bemerkt, denn nun musterte sie mich eingehend.

 

König Garon eröffnete das Treffen und richtete seine Worte direkt an mich: „Eine zusammengewürfelte Gruppe aus allen bekannten Clans der Khazâd, angeführt von zwei Relikten der Vergangenheit. Interessant. Neben mir seht ihr Harsabna, sie wird euch mit den örtlichen Gepflogenheiten vertraut machen. Eure bisherige Zurückhaltung ehrt euch, obwohl ihr unbesonnen in mein Reich eingedrungen seid. Wir sehen uns morgen wieder.“ Er hatte gesprochen und erhob sich wieder. Seine stille Autorität erfüllte den Saal, hallte in jeder Faser meines Leibes nach und duldete keine Widerrede. Die Frau blieb bei uns sitzen, regte sich aber erst, als Garon den Raum verlassen hatte.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0