
Linnarhan blieb winkend am Eingang der Taverne stehen, als wir uns in Bewegung setzten. Ohne große Worte gingen wir zielstrebig zum Eingang der zwergischen Bahnstation, die sich weitläufig unter der Stadt der grünen Hügel erstreckte. Ich öffnete die magisch versiegelte Steintür mit meinem Zirkon, dann folgten mir meine Mitstreiter im Gänsemarsch die grün und rot beleuchtete Treppe hinunter. Diesmal betrat Khûna als letzte den Gang und achtete darauf, dass sie die Tür hinter sich ließ, bevor diese wieder nach oben fuhr und den Zugang wieder verschloss.
An der Landmarke gingen wir diesmal nur vorbei und hielten uns am Wegstein links, was uns zum Bahnsteig an den Gleisen zwischen den Feuerhöhlen und Sajranzizar brachte. Die Bedienung der Steuerkonsole stellte für niemanden in der Gruppe mehr etwas Neues dar. Gimal und Spinella kümmerten sich um die Bereitstellung der Loren, die von der Mechanik scheppernd auf die Schienen gesetzt wurden. Alle anderen Zwerge schoben die Waggons zusammen, um sie zu einem Zug zu verbinden und luden das Gepäck ein. Spigna überprüfte alle Einstellungen, bevor wir uns auf die Loren verteilten. Nun würde die Reise uns nach Nordwesten führen, in uns bisher unbekanntes Gebiet.
Im ersten Wagen nahmen Foret und ich unsere Plätze ein. Khûna und Pelok saßen wieder ganz hinten. Dazwischen verteilten sich Spinella und Olthek, Rognil, Imus und Gimal auf die mittleren Loren. Ich löste den Hebel, der den Zug noch an der Stelle gehalten hatte, woraufhin wir uns langsam in den dunklen Tunnel hinein bewegten, der spärlich von lumineszierendem Moos erhellt wurde. Schnell gewöhnten sich meine Augen an den Wechsel und ich konnte wieder Einzelheiten erkennen. Ohne Zweifel war diese Strecke seit langer Zeit nicht mehr befahren worden. Die Räder quietschten über längere Strecken protestierend. Richtig Fahrt aufnehmen wollten die Loren auch nicht, also ging es trotz Gefälle auf dem ersten Abschnitt nur schleppend voran. Die Luft stand feucht im Tunnel, es roch muffig nach Schimmelsporen. Erst als ein schwacher Windhauch durch die Gänge zog, wurde es besser. Gimal rief etwas von defekter Lüftung. Seinen Gedanken konnte ich nachvollziehen, also nickte ich und hob meine Hand mit dem Daumen nach oben. Nun klapperten die Waggons leise über die Schienen, während das Tempo anstieg.
Das Gestein um uns herum änderte irgendwann seine Farbe und Beschaffenheit. Auf dem relativ jungen Vulkangestein gab es keinen Bewuchs, kleine Brocken lagen immer wieder gefährlich nahe an den Gleisen. Aus Vorsicht drosselte ich die Geschwindigkeit und es dauerte nicht lange, bis ich den Zug zum Halten bringen musste. Geröll machte den Bahntunnel unpassierbar, auch wenn es den Gang nicht gänzlich ausfüllte.
Mit Händen und Schaufeln bahnten wir uns einen Weg durch das lose Gestein, um unserem Ziel wenigstens ein Stück näherzukommen. Bald war ausreichend Raum geschaffen, um die Lorenbahn wieder in Gang zu setzen, doch nach wenigen Kilometern war endgültig Schluss mit der Bahnfahrt. Wir stiegen aus, schulterten unser Gepäck und griffen wieder nach den Schaufeln und Spitzhacken. Nun wollten wir zu Fuß weitergehen und die Loren stehenlassen.
Mühsam gruben wir uns entlang der Gleise durch das Geröll. Wir kamen nur langsam voran, Meter um Meter kämpften wir uns durch den Tunnel. Irgendwann stießen wir auf geschliffenen Granit. „Die Strecke ist hier zu Ende. Wir müssen in der Station der Agâr ‘ursul angekommen sein.“, stellte Gimal fest. Nun gruben wir uns rechts und links an der Wand aus Granit entlang, um den Ausgang zu finden. Ich hörte Olthek rechts von mir rufen: „Ich habe die Konsole gefunden. Aber sie ist unbrauchbar, alle Hebel wurden zerstört. Daneben sollte sich der Ausgang des Bahnsteigs befinden, deshalb begannen wir mit vereinten Kräften diese Stelle freizuräumen. Tatsächlich fanden wir einen schmalen Gang, der von den Gleisen fort führte. Je weiter wir vordrangen, umso weniger Schutt lag uns im Weg. Vor uns weitete sich der Gang zu einer kleinen Höhle, in deren Mitte Pelok einen Wegstein fand, der drei Einträge aufwies. „Lorenbahn Danakh’abad – Sajranzizar“ zeigte in die Richtung, aus der wir gekommen waren. „Agâr ’ursul“ wies leicht nach rechts von meinem Standpunkt aus. Der dritte Pfad sollte auf der linken Seite der Kaverne zu einem Gedenkgarten führen.
„Einen Gedenkgarten nahe einer Bahnstation anzulegen, empfinde ich als etwas ungewöhnlich.“, bemerkte Imus und begründete direkt seine Auffassung: „Ihn näher bei der Siedlung anzulegen, wäre doch vernünftiger, um seine Ahnen zu ehren.“ Rognil nickte und machte einen Vorschlag: „Wollen wir uns zunächst dort umsehen, ehe wir uns zur Stadt aufmachen? Etwas Ruhe nach der körperlichen Anstrengung täte uns allen gut, denke ich.“ Alle nickten zustimmend und folgten dem Kristallzwerg, der nun die Führung übernahm. Gemeinsam mit Foret bildete ich das Schlusslicht.
Glühend rot, wie fließendes Magma, zog sich ein Lichtband am Boden entlang, als wir den Gang zum Gedenkgarten betraten. Es strömte angenehme Wärme aus, während ein kühlender Luftzug um unsere Köpfe strich. Viele der versteinerten Zwerge, die in der sich anschließenden Höhle standen, wiesen starke Verwitterungen auf. Manche kamen mir vor, als wären sie mutwillig zerstört worden. Mir wurde bei dem verstörenden Anblick mulmig zumute. Wir gingen tiefer hinein und bekamen noch mehr zerstörte Zwerge zu Gesicht. Warum sollten man dies wehrlosen Zwergen antun, die bereits ihr Leben ausgehaucht hatten? Wie durch einen Alptraum wandelten wir durch die große Höhle, kein Wort kam von unseren Lippen, nur ohnmächtiges Entsetzen spürte ich in meinem Herzen. Wir sammelten uns im Zentrum des Gedenkgartens, wo sich ein kleines, kreisrundes Podest aus poliertem Stein befand. Aus den Augen meiner Gefährten sah ich ihre Trauer sprechen. Pelok nahm Khûna in den Arm, die hörbar schluchzte. Niedergeschlagen knieten wir an dem Altar und hielten inne.
Ich erhob mich nach dem stillen Moment. „Diese Zwerge wurden nach ihrem Tod absichtlich zerstört.“, sprach ich das Offensichtliche aus. „Lasst uns herausfinden, wer sie waren und warum ihnen dieser Frevel angetan wurde.“ Das Zittern in meiner Stimme konnte ich nicht verbergen, zu sehr nahm mich die furchtbare Kulisse mit. Rognil und Spinella sorgten mit magischen Sprüchen für mehr Licht. Die Spitzen ihrer Stäbe leuchteten hellblau auf, wobei wir das wahre Ausmaß der Zerstörung erkannten. Unverkennbar trugen die Überreste der versteinerten Zwerge Spuren von Klingen und Schmiedehämmern. Ihre Namen herauszufinden, konnte kaum noch möglich sein. Flüsternd hörte ich Forets Stimme neben mir: „Ein Register ist nicht zu viel verlangt, denke ich. Ihr habt mich echt sauer gemacht, wer auch immer das war.“ Vor sich hin grummelnd entfernte er sich von mir und suchte im Schein von Rognils Stab den Boden und die Wände der Grabstätte ab. Er hatte Recht. Für einen Gedenkgarten wie diesen wurden früher Listen darüber geführt, wer dort bestattet worden war. Vollständig verwitterte Körper wurden im Register markiert. Schmerzlich erinnerten mich die Umstände an die Beisetzung meines Großvaters Jorin in den Tiefen Takal Dûms.
Nun machte auch ich mich auf die Suche nach Schriftzeichen, die eine Erklärung der Situation bieten könnten. Ich konzentrierte auf das Zentrum, das ich in immer größer werdenden Kreisen abging, Steine beiseite schob und Bruchstücke näher betrachtete. Ich wurde nicht fündig, doch Gimal kam nach einer Weile zu mir, mit dem Fragment einer Tafel in der Hand. „Zwei Namen konnte ich darauf eindeutig entziffern. Es handelt sich um einen Steinformer namens Griful und einen Druiden, der Larig hieß. Warum die Clanzugehörigkeit darauf festgehalten wurde, erschließt sich mir nicht, aber ihre Namen wurden durchgestrichen, bevor die Tafel Schaden nahm. Ich habe das dumpfe Gefühl, die Feuerlenker wollten die anderen Clans absichtlich ausschließen und vernichteten ihr Andenken.“, übermittelte er mir seine Erkenntnisse und Gedanken. Ich nickte ruhig und dachte nach.
Rognil und Foret trafen einige Augenblicke später wieder bei uns ein und erzählten, was ihnen aufgefallen war. „Wir hatten einzelne Runen gefunden, die aber nicht zusammenpassten. Nichts wirklich Brauchbares.“, berichtete Rognil. In Forets Augen bemerkte ich seinen inneren Aufruhr, obwohl er gefasst wirkte. Er meckerte immer noch leise in seinen dichten Bart hinein: „Denen versohle ich den Hintern, wenn ich sie zu fassen bekomme.“ Ich seufzte und legte meinen Arm um die Schulter meines Freundes, um ihn zu beruhigen. „Wir werden herausfinden was hier geschehen ist. Zornig bin ich ebenfalls, doch blinde Wut bringt uns nicht weiter.“ Nach und nach kehrten auch die Anderen zurück. Pelok und Olthek trugen eine zerbrochene Säule mit sich, Spinella beleuchtete ihren Weg und Khûna hielt einige Steinscherben in ihren Händen. Hinter ihnen erschien Imus, dem seine Anteilnahme im Gesicht geschrieben stand, denn die Spuren von Tränen waren auf seinen staubigen Wangen nicht zu übersehen. Unter seinen Arm geklemmt sah ich eine polierte Platte, die er vor sich aufstellte, als wieder alle am Altar angekommen waren.
„Was steht auf dem Säulenfragment?“, fragte Rognil und Spigna antwortete: „‚Mahnmal der Zerstörung. Die Macht des Feuers sprengt die Ketten.‘ ist darauf eingraviert.“ Sie senkte traurig ihren Blick. „Ich befürchte, sie waren in Raserei verfallen, als sie hier alles kaputt schlugen.“ Meine Gedanken drehten sich weiterhin um die Beweggründe der Feuerlenker, als ich zu Imus nickte, der daraufhin seinen Fund kommentierte. „Diese Tafel hat erstaunlich wenig Schaden genommen. Ich fand sie in der Nähe des Höhleneingangs unter viel Staub und Schutt begraben, als hätte sie jemand verstecken wollen. Die erloschenen Seelen sind hierauf mit Namen vermerkt.“, erklärte er. Foret kniete sich vor der Tafel hin und berührte sie mit seinen Fingern, was die Runen darauf in hellem Blau aufleuchten ließ. Ergriffen flüsterte er: „Das Register des Gedenkgartens.“ Rognil und Foret sollten sich die Namensliste näher ansehen. Womöglich kamen dem Chronisten einige Namen bekannt vor. Ich widmete mich dem Fund Khûnas, die auf dem Podest die von ihr aufgesammelten Scherben ausgebreitet hatte.
Die Runen auf den Splittern zeigten keine Regung bei einer Berührung, als wir uns daran machten, das Puzzle zu lösen. Schweigend sortierten Khûna und ich die Bruchstücke, bis sie zu einander passten und die Inschrift Sinn ergab. Wir schoben die Teile näher aneinander und die Inschrift begann feurig zu glimmen.
„Bleibt fern von den Höhlen des Feuers. Die Wut wird euch das Leben nehmen. Kehrt um und vergesst uns.“, stand darauf geschrieben. Eine eindringliche Warnung der Feuerlenker. „Wo hast du das gefunden, Khûna? Zeig es mir bitte.“, forderte ich die Schmiedin auf, die sich erhob und mich zum Fundort brachte. Sie zeigte auf eine Stele, die zwischen den zerstörten Ahnen aufragte. „An ihrem Fuß lagen die Scherben. Schau, sie müssen sich aus dem Rahmen gelöst haben.“, machte sie mich auf ein rechteckiges Ornament auf der Oberfläche aufmerksam. Mit meiner linken Hand fuhr ich darüber, feuerrote Linien erschienen im Gestein, die sich mir in die Haut der Finger brannten. Erschrocken zog ich meine Hand zurück. „Die meinen es wirklich ernst.“, entfuhr es mir, dann wandte ich mich zum Gehen. „Lass und in Erfahrung bringen, was unsere Freunde über das Register herausfinden konnten.“, versuchte ich die junge Zwergin zu ermutigen, die in ihrer düsteren Stimmung gefangen schien. Sie blieb stehen und umarmte mich kurz. „Danke Daril. Du bist ein guter Freund und Anführer. Wir werden den Feuerzwergen die Köpfe wieder geraderücken!“, gab sie mit neuem Mut bekannt.
Als wir wieder bei unseren Kameraden angelangt waren, hörte ich Gimal sagen: „Dieser Name ist mir ein Begriff, Morwin kannte ihn. Durog hatte sich auf Wegsteine und Landmarken spezialisiert.“ Rognil nickte. „Auch mir ist sein Name bekannt. Im Alter hatte er demnach hier seine letzten Werke erschaffen und wurde in diesem Gedenkgarten beigesetzt. Als ich damals mit den Tunnelbauern der Steinformer unterwegs gewesen war, wusste ich zwar von den heißblütigen Feuerlenkern, hätte es aber nie für möglich gehalten, dass es sich auf diese Weise entwickeln würde.“
Ich zog meine Decke unter der Klappe meines Ranzens hervor und setzte mich. Die letzten Stunden der Anstrengung zollten ihren Tribut. Meine Freunde ließen sich um mich herum nieder und kamen langsam zur Ruhe. Nach einem Schluck aus meiner Feldflasche richtete ich mich an die Gruppe: „Wir sind nicht verantwortlich für das, was diesem Ort der inneren Einkehr widerfahren ist. Ehren wir unser Volk in stillem Gedenken und bewahren wir die Traditionen, die Gutes bewirken. Gedenkgärten sind, seitdem es Zwerge gibt, Plätze des Friedens und des Nachdenkens. Dieser ist zu einem Mahnmal unserer verstorbenen Brüder und Schwestern geworden. Gehen wir zu den Feuerhöhlen und ergründen den Groll ihrer Bewohner. Als Gemeinschaft schaffen wir das.“ Ich sah, wie die Zuversicht in die Mienen meiner Mitstreiter zurückkehrte. Jeder einzelne Zwerg nickte mir mit neuem Mut zu, dann packten wir zusammen und verließen den zerstörten Gedenkgarten, um die Agâr ‘ursul aufzusuchen.
Am Wegstein nahe der Bahnstation folgten wir dem anderen Gang, aus dem uns Hitze entgegen strömte. Die Wände des Tunnels fühlten sich stellenweise an wie Glas und warfen das rötliche Licht zurück, das sich in einer geschwungenen Linie durch den schwarzen Stein zog. Obsidian. Die Zeichen vulkanischer Aktivität waren unverkennbar.
Ein Raunen fuhr durch den Felsboden. Die Vibration nahm an Stärke zu, wandelte sich zu einem Erdbeben. Von der Höhlendecke löste sich Geröll, das auf uns herunterprasselte. Mit einem letzten harten Ruck riss das Gestein auf. Ich musste mich festhalten, um nicht zu fallen, als sich unter uns eine tiefe Kluft auftat, in der es tief unten heiß brodelte und rötlich glühend das flüssige Magma den Tunnel gespenstisch beleuchtete. Ein Weiterkommen schien im ersten Moment nach dem Beben unmöglich.
Meine magische Bindung zum Wasser würde mir hier kaum hilfreich sein, doch ich erinnerte mich an Oltheks Gabe, mit seinen Sinnen Gestein durchdringen zu können. „Das Beben ist vorbei. Durch das Feuer können wir nicht gehen. Wie soll es weitergehen?“, fragte Pelok und schaute in die Runde. Ich wandte mich an Olthek: „Schau bitte, ob du eine Möglichkeit findest, die uns voranbringt.“ Er nickte, setzte sich einfach auf den Boden des Tunnels und begann mit seiner Meditation. Einige Momente später schlug er seine Augen wieder auf und begann zu berichten, was er wahrgenommen hatte. „Eine Brücke erstreckt sich über den Magmafluss, nicht weit von uns entfernt. Sie endet auf einem Felsen, auf dem ich ein großes Tor erkennen konnte. Bis zur Brücke müssten wir uns aber durch den Fels graben oder eine Kletterpartie wagen.“, war seine Einschätzung. Ich wollte davon absehen, am Rande eines Feuersees entlang zu klettern, meinen Gefährten wollte ich eine solche Situation ebenso wenig zumuten.
„Ehe ihr anfangt zu graben …“, meinte Gimal, stellte sich an die Tunnelwand und verschwand in ihr, als würde er mit dem Stein verschmelzen. „Ich schaue, was ich tun kann.“, hörte ich ihn sagen, bevor sein Gesicht im Gestein verschwand. Diese Art der Steingestalt hatte den Steinformern neue Fähigkeiten verliehen, schloss ich daraus und sah in den Gesichtern meiner Begleiter größtes Erstaunen über Gimals Vorgehen. Wir konnten nur tatenlos warten, bis er sich wieder zeigte und sahen gedankenverloren auf den See aus Feuer hinaus, der mühelos Stein und Metall zu schmelzen vermochte.
Der Steinformer schälte sich neben mir aus der Felswand, erschrocken wich ich etwas zurück. „Wir können uns hindurch graben. Das Obsidian ist von größeren Blasen aus Bims durchsetzt, die wir leicht abbauen können. Ich zeige euch, wo wir beginnen müssen.“, erklärte er, ging im Tunnel ein Stück zurück, dann blieb er stehen. Dort nahm er seinen Geologenhammer in die Hand und schlug mit dessen spitzen Ende in die Wand. Dabei sagte er: „Hier geht es los, kommt!“ Mit unseren Spitzhacken und Meißeln trieben wir einen neuen Pfad durch das weiche, poröse Bimsgestein, Gimal korrigierte hin und wieder die Richtung. Während Foret, Olthek, Khûna und ich uns im Vortrieb abwechselten, schaufelten die anderen das Geröll beiseite, das unsere Arbeit produzierte. Gemeinsam kamen wir zügig voran, bis Olthek mit einem Hieb die Sicht auf die Brücke freilegte. Wir vergrößerten den Durchgang noch etwas und halfen den anderen, den restlichen Schutt fortzuräumen, bevor wir eine Rast einlegten, die wir uns redlich verdient hatten.
Ohne dass ihn jemand darauf ansprach, erklärte Gimal uns während der Pause, was es mit seinen Kräften auf sich hatte: „Unsere besondere Verbindung mit den Gesteinen entstand durch die Arbeit in den Minen. Als Tunnelbauer und Bildhauer entwickelten sich besondere Fähigkeiten. Bei manchen von uns Steinformern kam es dazu, dass wir mit dem Felsen verschmelzen konnten, was auch mich dazu befähigt, mich durch Gestein hindurch zu bewegen. Es erfordert große Willenskraft und zehrt sehr an der seelischen Kraft. Einige Male war es geschehen, dass ein Steinwandler nie wieder auftauchte. Es ist gefährlich und ich möchte diese Fähigkeit nur benutzen, wenn es unerlässlich ist.“ Seine Klarstellung erntete den Zuspruch der ganzen Gemeinschaft und alle dankten ihm für die eingegangene Gefahr.
Nach der Stärkung packten wir Verpflegung und Werkzeuge wieder ein und gingen zur Brücke, die Olthek uns beschrieben hatte. Symbolisch gekreuzte Hämmer schmückten die beiden Pfeiler auf der uns zugewandten Seite. Vorsichtig trat ich auf den steinernen Brückenbogen. Langsam gingen wir hintereinander darüber, unter uns zischte das Magma, als unter unseren Schritten Staub und Steine hinab rieselten. Erleichtert wich die Anspannung von uns, als wir unversehrt das Plateau mit dem Tor erreicht hatten, das bedrohlich vor uns aufragte.
Der Durchgang musste in den dahinter liegenden Fels führen, auch wenn wir es nicht sehen konnten. Eine andere Vorstellung war in meinem Kopf nicht möglich, denn eine massive Steinplatte machte das Tor für uns unpassierbar. Olthek und Gimal setzten ein weiteres Mal ihre Fähigkeiten ein, um etwas herauszufinden, blieben damit aber erfolglos. Hier begann die Barriere der Feuerlenker, die Fremden den Zugang verwehrte.
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