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53 … und wieder zurück.

Ein Zwerg steht auf einem sich windenden Weg, der zu einem Obelisken führt. Erstellt mit ChatGPT.
Foret zeigt uns die Landmarke unter den großen Basar. (KI-generiert)

Am nächsten Morgen wachte ich unvermittelt auf, weil ich aus dem Bett gerollt und unsanft auf dem Holzfußboden gelandet war. Mein Kopf brummte noch etwas, als über mir das lachende Gesicht der Elfin hervorlugte. „Bist du nun wach, liebster Zwerg?“, fragte sie frech und grinste mich auf dem Bett liegend an. Ich grummelte vor mich hin, stand langsam auf und drückte der Schönheit einen Kuss auf die Stirn. Diese Frau ließ in der Tat jeden Anflug von schlechter Laune bei mir verpuffen. Mit einem glücklichen Lächeln verabschiedete ich mich nach nebenan in den Waschraum. Ich nahm mir die Zeit für ein ausgiebiges Bad, brachte meinen wild gewachsenen Bart in Form, rasierte sogar den Schnauzer weg. Erfrischt und in sauberer Wäsche kehrte ich zurück. Linnarhan sah mich prüfend an und stutzte. „Du schaust anders aus, Liebster. Ich komme nicht darauf, was du gemacht hast.“, merkte sie mit prüfendem Blick an. Ich gab ihr keine Antwort, sondern küsste sie einfach auf den Mund, was sie fordernd erwiderte, ehe sie abließ. „Das gefällt mir. Wenn du dich öfter rasierst, wird auch öfter geküsst.“, ließ sie mich mit frechem Grinsen wissen.

 

Auf dem Weg zum Gastraum duftete es bereits nach warmem Essen. Die Mittagszeit war demnach herangerückt. An dem großen Tisch nahe der Theke, den wir zu unserem Stammplatz gemacht hatten, nahmen wir auf der Bank Platz und winkten den Kellner zu uns. Ich bestellte einen Krug mit Wasser und einen voll Beerensaft. Nach etwas zu essen war mir noch nicht zumute, doch die Elfin orderte ein Omelette, um ihren Appetit zu stillen.

 

Langsam trudelten auch unsere Freunde ein und sie setzten sich zu uns. Auch Hyrasha kam voll bepackt zur „Blauen Schwalbe“, legte ihr Gepäck ab und leistete uns Gesellschaft.

„Irgendwie schade, dass wir heute die Annehmlichkeiten dieser Herberge hinter uns lassen werden.“, meinte Pelok mit verschmitztem Grinsen, wobei ihm der Dampf seines heißen Tees ins Gesicht stieg. Alle nickten einstimmig.

 

Ganz in Ruhe ließen wir unseren letzten Tag in Sajranzizar beginnen, denn außer unser eigenes Pflichtbewusstsein trieb uns nichts. Die Rückreise nach Amon Calen sollte keine größeren Schwierigkeiten bereiten, nur der Zustand der Bahntunnel machte mir etwas Sorgen. Sobald die Clans zusammentreffen würden, sollte es zur Sprache kommen, dass die Gefahren beseitigt werden müssen, wenn zwischen den Siedlungen der Austausch von Wissen und Waren zunimmt. Die Steinformer werden sicher eine Lösung dafür finden, wohin auch immer sie sich zurückgezogen hatten.

 

„Machst du dir über etwas Sorgen, Chef?“, fragte mich Imus mit ehrlicher Anteilnahme und er sah mich prüfend an. Ich streckte mich und nickte: „Nur Gedankensplitter an die Zukunft, Imus.“, sagte ich und erklärte mich kurz: „Bis unser Volk wieder vereint ist, steht noch viel Arbeit an. Um solches Zeug drehten sich gerade meine Überlegungen. Sehen wir zu, dass wir unsere letzten Erledigungen auf dem Großen Basar hinter uns bringen, damit wir vorankommen.“ Einem Geistesblitz gleich schoss es mir in den Sinn, dass wir in der Stadt noch keine Landmarke gesehen hatten. „Imus, weiß du etwas über einen Obelisken, eine Landmarke, auf der vier Zeilen eingraviert sind? Sie muss sich irgendwo innerhalb der Stadt befinden. Jede Zwergenstadt soll eine errichtet haben.“, wandte ich mich mit leichter Aufregung an unseren neuen Mitstreiter, der nun angestrengt nachdachte.

 

Zögerlich antwortete der blonde Zwerg: „Ich weiß davon nichts und kann nur vermuten, dass sie sich in der unterirdischen Altstadt befinden könnte. Es ist sehr lange her, dass ich dort unten gewesen bin.“ Ich nickte. „Kein Wunder, dass die Händler sich kaum noch wie vernünftige Khazâd verhalten, wenn sie ihre eigenen Wurzeln vergessen.“, machte sich Foret Luft, nachdem er Imus’ Worte gehört hatte. Die Händlergilde wird wohl nie sein volles Vertrauen erlangen können

„Wenn alle soweit sind, können wir uns auf den Weg machen, die alten Höhlen zu erkunden. Außerdem muss ich noch meine neue Hose beim Schneider abholen.“, versuchte ich Bewegung in die Gruppe zu bekommen, die sich reichlich gestärkt hatte und erwartungsvoll zu mir schaute. Das veranlasste mich dazu, als Erster vom Tisch aufzustehen. Ich ging zur Garderobe und warf mir eine Jacke über.

 

Linnarhan und Hyrasha standen in warme Mäntel gehüllt bei mir, als sich der Rest der Gruppe hinter uns sammelte. Ich stieß die zweigeteilte Tür auf und wir traten auf die hell gepflasterte Straße. Immer noch lag feiner Schnee auf den Dächern und Vorsprüngen, was in der orientalisch anmutenden Umgebung ungewohnt wirkte. Imus hatte zwar all seine Privilegien als Ratsmitlied verloren, doch sein Wissen über die Stadt war für uns wertvoll und er teilte mit Freuden seine Erfahrungen mit uns. Er lief neben mir, um uns zur Altstadt zu führen. Auf den Straßen waren nur wenige Leute unterwegs, nur vereinzelt schlenderten Besucher über den Basar. Der Zugang zu dem Höhlensystem lag in der Nähe der Bahnstation, an deren Tür mit dem Warnhinweis wir gerade vorbeigingen, als der ehemalige Ratsherr gegenüber an einem Torbogen haltmachte. Auch hier leuchteten rote Runen auf, sobald wir näher kamen.

 

„Die Altstadt von Sajranzizar – Nichtzwergische Besucher müssen sich im Rathaus anmelden.“

 

id-gamil’azhar Sajranzizaru — unâkh binkhuzdul ’arkhuf fabsatha nî zahar barafazrâful)

 

Auf einem Schild links des Eingangs wurde der Wortlaut in mehreren anderen Sprachen und Schriftzeichen wiederholt, womit die Anweisung auch für jede Person verständlich gemacht wurde. Da Linnarhan und Hyrasha mit uns gemeinsam die Höhlen besuchten, ließ uns eine stämmige Zwergin, die auf einem Stein bei der Pforte saß, mit einem anerkennenden Nicken passieren. Breite Stufen und rötliches Glimmen wiesen uns den Weg hinein in den Berg, auf dem der große Basar errichtet worden war. Ich nahm die Elfin an die Hand und spürte, wie ein Teil meiner Aufregung verschwand. Das rot leuchtende Band war so hoch wie meine Handfläche breit und zog sich in Höhe meiner Taille durch den bearbeiteten Sandstein, immer dem Weg nach unten folgend.

 

Mir fiel ein tschechischer Ausdruck ein, der oft in meinem Kopf widerhallte, wenn ich mich in neue Tiefen begab: „Dole na dole.“ (Unten im Schacht.) Dieser Gedanke und die Nähe meiner Liebsten beruhigten mich, doch die Neugier blieb bestehen. Imus reihte sich wieder ein und überließ mir die Führung in den Höhlen. Ich ging also voran und folgte der Treppe abwärts. Mir fielen an einigen Stellen mehrsprachige Hinweisschilder auf, die den Besuchern der Anlage die zwergische Geschichte Sajranzizars näherbringen sollten. Die Altstadt glich somit einem frei zugänglichen Museum.

 

Wohnhöhlen und Werkstätten wechselten sich auf den durch Wege verbundenen Plätzen ab. Das erste Rund war eindeutig eine Molkerei, denn es roch nach reifem Käse. Eine zwergische Familie stellte die Arbeit nach und gab der Ausstellung ein realistisches Bild. Ich grüßte eine der Personen. „Shamukh. Lebt ihr hier unten?“, fragte ich die Frau, die gerade Rohmilch zu Butter gestampft hatte. Skeptisch schaute sie mich an, doch ihr Gesicht erhellte sich schnell als sie antwortete. „Shamukh, Wanderer. Wir stellen unsere alten Bräuche für die Besucher nach und wohnen oben. Die Waren, die wir hier herstellen, werden auf dem Basar verkauft und bringen der Stadt genug ein, um die Altstadt in Schuss zu halten.“ Ich war erstaunt, denn ich hatte nicht damit gerechnet, dass den Händlern doch etwas an ihrer Herkunft liegt. Dass auch noch ein Profit für die Stadt abfällt, lag den Händlern aber wahrlich im Blut. Wir verabschiedeten uns mit einem stummen Nicken und setzten unseren Weg fort.

 

Auf jedem kleinen Platz der Anlage wurde ein anderes Handwerk vorgestellt. Wir kamen an Tuchmachern und Schmieden vorbei. Auch so manche Garküche fanden wir bei unserer Erkundung, die köstliche Düfte verströmten und zu einem Imbiss einluden. Wir hielten uns nur selten länger auf und ich drängte tiefer in die Stadt hinein. Wie ein gigantisches Schneckenhaus drehte der Weg eine Spirale in den Berg hinein und wir kamen dem Zentrum langsam näher, wo sich die Landmarke befinden sollte.

 

Die Luft in den Höhlen war angenehm, wenn auch kühl. Die Porosität des Sandsteins schuf ein ganz eigenes Klima innerhalb des Berges. Das rote Licht strahlte dabei eine gewisse Wärme aus, die eine harmonische Balance in der allgemeinen Wahrnehmung hervorrief. Je weiter wir vordrangen und dem tiefsten Punkt der Höhlen näher kamen, umso klarer wurden die Umrisse der Landmarke, die nur wenige Nuancen dunkler erschien als ihre Umgebung. Der quadratische Sockel trug einen schmalen Obelisken, der in der Höhe verschwand und sich mit dem Gestein des Felsendoms zu verbinden schien. Wir standen im Kreis um die Säule herum und beobachteten, wie die Runen aufflackerten, als wir den Quader berührten.

 

„Eure Herkunft ist euer wahres Glück.“

„Öffnet eure Herzen und gewinnt an Erfahrung.“

„Freundschaft zahlt sich immer aus.“

„Respektiert Grenzen und Freiheiten im Miteinander.“

 

Links und rechts von mir standen Hyrasha und Linnarhan. Ich hielt ihnen meine Hände hin, die sie mit einem Lächeln ergriffen. Gemeinsam bildeten wir einen engen Kreis um den Markierungsstein, als wir uns reihum an den Händen hielten. „Sind wir als Gemeinschaft nicht das beste Beispiel für die Inschriften?“, fragte Imus frech, ehe er seine Augen schloss wie alle es nun taten.

Warm brandete es uns entgegen, als der Fuß des Obelisken sich erhob und ein feuerroter Lichtschein aus dem Loch darunter hervortrat. Das Magma im Inneren der Erde verband die gesamte Welt und versorgte jede Siedlung unseres Volkes mit der nötigen Energie. Diese Erkenntnis zu teilen, und die Analogie zu verstehen war wohl das Ziel dieser Landmarke. Ich fühlte mich ergriffen und überwältigt von der Tragweite des Gedankens und schloss nacheinander jeden meiner Freunde in die Arme und drückte sie an mich. Sie wiederholten meine Geste untereinander und festigten so unsere Bindung. Mir entwich eine Träne und ich freute mich darüber, dass wir aufeinander zählen konnten.

 

Nach den Momenten der Ergriffenheit verschloss sich das Loch im Podest wieder selbstständig und die Runen verblassten. Der rote Schein der Beleuchtung hingeben, blieb uns erhalten. Ich atmete tief durch und machte mich mit einem zufriedenen Lächeln auf den Rückweg, meine Freunde folgten mir. Olthek und Spigna hielten sich ebenso an den Händen wie Khûna und Pelok, so wie auch ich mit der Elfin.

Wir ließen uns Zeit für den Aufstieg und sprachen leise während der Pausen. Ein schmaler Wasserlauf zog sich durch die Anlage, aus dem man bei Bedarf trinken konnte. An vielen Stellen im Berg gab es Sitzmöglichkeiten, auf denen wir verweilten. Das imposanteste, was die Altstadt uns bot, war eine Kaskade, wo ein Bergbach und ein Magmafluss erst nebeneinander in die Tiefe schossen und sich brodelnd und zischend vereinigten. Der aufsteigende Dampf schob breite Schaufeln an, die eine Mühle antrieben. Der Magmafluss sorgte für Wärme in den oberirdischen Häusern, erklärten Schautafeln die Zusammenhänge.

In mir machte sich ein Gefühl von Vertrautheit und Heimat breit, das ich lange nicht gespürt hatte und doch drängte es in mir immer wieder danach, den Weg fortzusetzen

 

Bald hatten wir den Ausgang erreicht und nickten der Dame, die immer noch auf ihrem Platz saß, erneut zu. „Danke für diese wundervolle Exkursion, Imus.“, wandte ich mich an den jungen Zwerg, der es mit einem unsicher wirkenden Lächeln abtat. Er gab daraufhin ehrlich seine Antwort kund: „Ohne euch alle wäre es nicht zu dem Ereignis geworden, das es ist. Ihr seid wunderbare Leute mit großen Herzen. Ich habe euch zu danken, dass ich mit euch reisen darf.“ Alle lächelten. Imus wurde damit wirklich in die Gruppe aufgenommen.

 

Wir schlenderten durch die Straßen des großen Basars, als ich wieder an den Schneider dachte und ich lenkte meine Schritte zu seinem Laden hin, um meine Hose abzuholen. „Schön, dass Ihr da seid, werter Herr. Eure Hose ist fertig und möchte anprobiert werden.“, begrüßte der Faun mich mit ziegenhafter Stimme, als ich die Werkstatt betrat. Er zeigte auf den Tresen, wo das Kleidungsstück bereitlag. Ich schnappte es mir und zog mich zur Anprobe in den Nebenraum zurück. Der schwarze Stoff fühlte sich warm und weich an, obwohl das Gewebe sehr robust erschien. Länge und Weite waren perfekt und ich wollte die Hose gar nicht mehr ablegen, so gut gefiel sie mir. Also zog ich meinen Gürtel durch die Schlaufen der neuen Hose und rollte die alte einfach zusammen. Aus dem Geldbeutel kramte ich die Silberlinge und zählte siebenundzwanzig davon dem Schneidermeister in die dargebotenen Hände. Grinsend bedankten wir uns beieinander und reichten uns zum Geschäftsabschluss die Hände. Glücklich ging es nun wieder zur „Blauen Schwalbe“ zurück.

 

Der Tisch, an dem wir als Gruppe in den letzten Tagen unsere Mahlzeiten eingenommen hatten, war belegt, sodass ich beschloss, zuerst unser Zimmer aufzusuchen. Als ich gerade mit Linnarhan an der Hand die Rampe zum Obergeschoss hinaufgehen wollte, rief jemand nach mir. „Herr Daril! Wir wollten mit euch allen noch ein letztes Wort wechseln, ehe ihr die Stadt verlasst.“, hörte ich den Ratsherrn Egerd hinter mir. Ich drehte mich zum Tisch um und sah, dass sich dort der gesamte Rat der Händlergilde niedergelassen hatte. Sie schienen auf uns gewartet zu haben. Kurz dachte ich nach und gab zurück: „Wir sind gleich bei euch!“

 

Ich wollte sie nicht warten lassen, also legte ich nur meine warmen Sachen ab und besuchte kurz das Bad, bevor ich mich anschickte, wieder nach unten zu gehen. „Was sie nur wollen? Ich dachte, dass nun alles geklärt wäre und wir nach Amon Calen zurückkehren können.“, fragte Linnarhan mich mit unüberhörbarer Skepsis. Ich schüttelte den Kopf. „Hören wir uns an, was sie noch zu sagen haben. Die Abreise können sie uns nicht verbieten.“, antwortete ich mit einem Stirnrunzeln. Die Elfin nahm mich in die Arme, küsste mir auf den Kopf und griff nach meiner Hand. „Dann wollen wir herausfinden, warum sie hier sind. Gehen wir.“, ermutigte sie mich, den Ratsherren gegenüberzutreten.

 

Die gesamte Gruppe hatte sich vor den sechs Ratsherren aufgestellt, als ich wieder zum Tisch kam. Linnarhan reihte sich dazwischen ein, doch ich stellte mich vor meine Freunde, als Graff mich freundlich ansah und nickte. „Wir wollten uns noch einmal für alles bedanken, dass ihr für unsere Stadt geleistet habt, geehrte Zwerge, gute Elfin und werte Menschenfrau. Uns ist bewusst geworden, dass euer erster Eindruck von uns desaströs war. Wir sind Händler und keine Krieger und die Angst war uns ein schlechter Ratgeber. Wir hoffen, dass die Annehmlichkeiten der ‚Blauen Schwalbe‘ euch ein wenig für alles entschädigen konnten.“, gab der blonde Zwerg mit dem wirren Lockenkopf hastig von sich und setzte sich wieder auf die Bank.

 

Ich merkte, dass ich begonnen hatte zu grinsen und konnte meine Erheiterung nicht mehr verstecken, als der Ratsherr seine Ansprache beendet hatte. Meine Worte überlegte ich mir aber gut: „Der Wirt dieser wundervollen Taverne und seine Mitarbeiter haben beste Arbeit geleistet und haben unseren Aufenthalt hier sehr angenehm gestaltet. Unser aller Dank gilt Deru und seinen Leuten. Was euch betrifft, wisst ihr von unserer Enttäuschung über die vorgefundenen Zustände. Ich hoffe, dass ihr euch Hilfe sucht, sollten je wieder Probleme auftauchen, die euch als Händler überfordern. Zwerge stehen für einander ein, zögert nicht und meldet euch bei uns. Wege dafür werden sich finden. Dass ihr uns hier einquartiert habt, war gut gewählt, dafür sind wir dankbar und wir werden euch in guter Erinnerung behalten, wenn wir Sajranzizar verlassen.“ Nun nickte ich und trat nach hinten, zwischen meine Kameraden.

 

Imus trat vor und räusperte sich. „Ich freue mich, dass ihr Darils Vorschläge ohne Diskussion angenommen habt. Ihn und seine Mitstreiter zu begleiten fühlt sich bereits jetzt an, als würde es mein Schicksal sein. Lebt wohl.“, sagte er und winkte seinen ehemaligen Kollegen zu. Mit kräftigen Hufschlägen auf dem Teppich kündigte Deru sich an, dem drei seiner Bediensteten folgten. Alle hielten gefüllte Bierkrüge in den Händen, die sie an alle Anwesenden verteilten. Foret hielt seinen Humpen in die Höhe und rief: „Auf die Zwerge!“, dann stieß er mit Wibog an, der den Gruß erwiderte.

 

Nach dem Umtrunk verabschiedeten sich die Ratsherren aus der Gaststube und teilten jedem von uns noch ihre persönlichen Wünsche mit, ehe sie und verließen. Ich seufzte leise und war froh, dass die Zusammenkunft viel entspannter verlaufen war, als ich es mir ausgemalt hatte. Nun war es zwar schon Abend geworden, doch niemand in der Gruppe ließ Müdigkeit erkennen. „Wollen wir nun aufbrechen oder noch eine Nacht hier schlafen? Mir ist es gleich, wenn wir unter Tage reisen.“, stellte ich meine Freunde vor die Wahl. Einstimmig fiel der Entschluss, in Kürze loszuziehen und die nächste Nacht in den Grünen Hügeln zu verbringen.

 

Viel war nicht mehr vorzubereiten, denn das Gepäck stand bereit und wir legten bequeme Reisekleidung an. Mein vollständig bestückter Gürtel durfte dabei nicht fehlen und die liebste Elfin packte einen kleinen Beutel mit Medizin und Verbandsmaterial zusammen. Wir versammelten uns abmarschbereit vor Derus Tresen, von dem ich mich noch selbst verabschieden wollte, denn er war uns eine große Hilfe gewesen. Mit etwas Wehmut öffnete ich ein letztes Mal die Tür der „Blauen Schwalbe“ und trat auf das Straßenpflaster. Dann gingen wir zum Zugang zur Lorenbahn, wo ich meine Hände auf die roten Runen legte, um die Tür aus Sandstein zu öffnen. Die verstaubten Stufen gingen wir langsam hinunter und traten in die erhellte Halle. Pelok und Olthek machten sich daran, die Loren auf das Gleis zu holen, um elf Personen und ihr Gepäck unterzubringen. Es dauerte nicht lange, bis die sieben Waggons vor uns standen. Wir schoben sie zusammen, um sie miteinander zu verbinden und beluden die hinteren vier Loren zur Hälfte mit unseren Habseligkeiten. Diesmal sollte Foret den Zug steuern, begleitet von Rognil. Dahinter sollten Linnarhan und ich Platz nehmen. Dann folgten Pelok, Khûna, Hyrasha, Imus, die auf unsere Sachen achtgeben sollten. Im hintersten Wagen nahmen Spinella und Olthek ihre Sitzplätze ein.

 

Pelok löste den Konterhebel und schwang sich behände in seine Lore, dann setzte Foret den Zug in Bewegung. Langsam rollten wir aus der Station und ließen den großen Basar hinter uns. Die Tunnel durch den Sandstein brachten uns zügig voran, während der unterirdische Fluss mit den Molchen ruhig neben den Gleisen dahinfloss. Bald sollten wir aber die Stelle unter dem Meer erreichen, an der die Decke aus Quarz eingebrochen war und das Wasser des Ozeans mit großem Getöse in einen Felsspalt hinabstürzte. Doch alles blieb leise. Gemütlich rumpelnd fuhr der Zug an der durchscheinenden Konstruktion vorbei, die das Meer vom Inneren der Bahntunnel abschirmte.

 

Nicht nur ich schien mich zu wundern, denn ich sah Foret vor mir unschlüssig mit den Schultern zucken. ‚Irgendwer musste den Tunnel repariert haben, von alleine konnte sich kein Stein regenerieren.‘, dachte ich bei mir und schaute in das grübelnde Gesicht meiner Verlobten. Selbst im nachfolgenden Abschnitt stand kein Wasser mehr im Gang, wie es bei unserer Hinreise nach Sajranzizar der Fall gewesen war. Der Untergrund glänzte feucht, doch von einer Überflutung war nichts mehr zu sehen. Die Risse in der kristallenen Decke waren verschwunden und wir konnten das nächtliche Panorama des Meeresgrundes bewundern, bevor wir erneut von solidem Gestein umgeben waren und an Höhe gewannen.

 

„Die Tunnel sind wieder heil.“, stellte Linnarhan nun mit überraschter Stimme fest, obwohl ich es bereits in ihrem Gesichtsausdruck erkannt hatte. Diesmal zuckte ich mit den Schultern.

Wir ließen die Loren zügig nach Norden fahren und kamen ohne Zwischenfälle in der weitläufigen Station in Amon Calen an. Uns empfing die frische Meeresluft der ausgebauten Grotte. Ein Zwerg, der, wie es aussah, die Steingestalt angenommen hatte, erwartete uns. Grün und rot reflektierte das Licht aus den Wänden auf dem glatten Körper des Unbekannten, der einen Schritt auf mich zu machte, als ich meine Füße aus der Lore geschwungen hatte.

 

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